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"Stiftungen sind undemokratisch"

Über das Stiftungswesen und was bei MundA anders ist

Gerhard Klas, Juni 2025

Stiftungen haben einen schlechten Ruf, vor allem Familien- und Unternehmensstiftungen. "Superreiche bestimmen nach Gutsherrenart, wo’s lang zu gehen hat", kritisierte Peter Vollmer, der Gründer der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt (MundA) schon 2010 in einem Artikel über das US-amerikanische Stiftungswesen. "Stiftungen sind die undemokratischste Form der zivilgesellschaftlichen Organisationen", so auch Frank Steger, der MundA-Vorstandsvorsitzende, auf der jährlichen Kuratoriumssitzung Anfang Mai dieses Jahres.

Wenn Stiftungen so sind – was unterscheidet dann eigentlich die Stiftung MundA von anderen Stiftungen, etwa Unternehmensstiftungen wie Bosch, Bertelsmann, Fresenius, Mahle oder Possehl? Auch diese Stiftungen sind ja als gemeinnützig anerkannt.

Projekte

Da wären zunächst einmal die Projekte, die von der MundA gefördert werden: Dazu gehören oft Initiativen und Organisationen, die alternative oder widerständige Ansätze gegen zerstörerische Entwicklungen im Kapitalismus hervorbringen und damit die Grundlage in Frage stellen, auf denen das Stiftungswesen gediehen ist: die Anhäufung von Reichtum.

Der MundA-Jahresbericht 2024 eröffnet dazu einen aktuellen Überblick:

Entscheidungsstrukturen

Demokratie in der Arbeitswelt, das ist - im Unterschied zu den Zielen von MundA - nicht das Anliegen der oben genannten Konzernstiftungen. Auch intern geht es bei ihnen nicht sonderlich demokratisch zu. So bestimmt bei der Bertelsmann Stiftung faktisch die Familie Mohn das Geschehen. Liz Mohn ernennt zum Beispiel die Mitglieder des Kuratoriums.

Anders bei der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt: Hier wählt das neunköpfige Kuratorium den Vorstand und das Kuratorium. MundA beteiligt sogar die geförderten Projekte bei anstehenden Neubesetzungen des Kuratoriums. Sie bittet sie um Vorschläge für Kandidat:innen, die dann von den Alt-Mitgliedern des Kuratoriums ins Gremium gewählt werden. Weil das Sein das Bewusstsein bestimmt, achtet die Stiftung auch darauf, dass die Mitglieder von Vorstand und Kuratorium über einen gewissen Erfahrungsschatz als politisch engagierte Menschen verfügen – als Aktive in Betrieb, Gewerkschaft oder sozialen Bewegungen.

Wechsel im Vorstand

Zwei neue Mitglieder für den Vorstand hat das Kuratorium in seiner Sitzung im Mai gewählt. Beide sind unter fünfzig und entsprechen damit dem Ziel, die Stiftung zu verjüngen: Miriam Saage-Maaß ist Juristin und Direktorin des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) in Berlin. Sie verantwortet dort unter anderem den Programmbereich "Wirtschaft und Menschenrechte". Miriam ist eine der ersten gewesen, die die Anwendbarkeit des jungen Lieferkettengesetzes, das die neue Bundesregierung wieder abschaffen will, getestet hat, zusammen mit Gewerkschafter:innen aus Pakistan. "Wir legen großen Wert auf die Zusammenarbeit mit Gewerkschaften. Es geht in meiner Arbeit immer darum, Arbeiter:innen eine Stimme zu verleihen und ihnen die Möglichkeit zu geben, dass Gesetze entsprechend ihrer Interessen umgesetzt werden und nicht entsprechend der Profitlogik von Konzernen", betonte Miriam Saage-Maaß bei ihrer Vorstellung auf der Kuratoriumssitzung. Eines ihrer vergangenen Projekte – zum Brand in einer für den Modediscounter KiK produzierenden Fabrik in Karachi, bei dem 260 Näher:innen starben – wurde von der Stiftung gefördert.

Erst dreißig Lebensjahre zählt das zweite neu gewählte Mitglied, Enrico Wiesner. Er hat einen klassischen Ausbildungsberuf gelernt: Der engagierte Gewerkschafter und Klimaaktivist arbeitet bei Siemens Energy in Berlin, wo er auch Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers ist. Seit 2014 ist er Mitglied der IG Metall und hat verschiedene ehrenamtliche Funktionen übernommen. Vor allem hat er betriebliche Konflikte mit ausgefochten, bei denen es um Ausbildungsstandards und Personalabbau ging. Wie der Stiftung ist auch ihm die Schnittmenge zwischen Arbeitswelt und Umwelt wichtig. "2019 hatte die Klimabewegung erfreulicherweise ordentlich Rückenwind", so Enrico, "für viele Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben war das Thema dennoch eine Herausforderung". Nach mehrfachen Treffen und Abstimmungen mit der Jugendvertretung konnten zwei junge Frauen von Fridays for Future auf die Jugend- und Auszubildendenversammlung der Berliner Siemens-Werke mit 600 Teilnehmer:innen eingeladen werden und sich dort der Diskussion stellen. Er nahm auch an einer von der Stiftung geförderten Reise im Oktober 2023 in die Ukraine teil, um dort Gewerkschaften und soziale Initiativen zu treffen.

Nach Peter Vollmer im letzten Jahr sind Anfang Mai auch Constanze Lindemann und Johanna Erdmann aus Altersgründen aus dem Vorstand ausgeschieden, deren langjährige Mitarbeit besonders gewürdigt wurde. Wiedergewählt wurden Kai Lindemann und Frank Steger. Interesse an einer Mitarbeit im Vorstand hat auch Silvia Habekost angemeldet, die in der Berliner Krankenhausbewegung aktiv ist, die sich für bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in den Kliniken einsetzt. Sie kann aber erst ab Oktober 2025 mitarbeiten. Der Vorstand würde dann im nächsten Jahr wieder aus fünf Personen bestehen. Der Vorstand bewilligt oder lehnt Anträge ab, die bei der Stiftung eingehen. Ansprechpartnerin für Antragstellende und Geförderte ist die einzige hauptamtliche Kraft, die "den Laden" bzw. die Stiftung zusammenhält: Christine Ziegler.

Mit Canva erstelltes Digital-BildMundA-Stifter: "Nicht das Stiftungswesen weiter fördern, sondern eine Vermögensabgabe einführen"

Stifter Peter Vollmer konnte erfreulicherweise an der diesjährigen Kuratoriumssitzung als Gast teilnehmen. Er hat das Stiftungswesen immer kritisch reflektiert: In seinem eingangs erwähnten Artikel sieht er darin das Fortbestehen einer zutiefst feudalistischen Geisteshaltung: "Der große Fortschritt gegenüber dem Feudalismus sind die demokratischen Errungenschaften der bürgerlichen Gesellschaft, in denen das Volk und nicht das Geld beschließt, welche Aufgaben der Staat zu übernehmen hat und wie die Mittel dafür – nicht freiwillig, sondern verpflichtend – eingenommen werden." Mit 'Steuern' solle der Staat "zielgenau die Geschicke zum Wohl aller Bürger steuern". Allerdings würden "die Verantwortlichen in Deutschland dieses Steuern seit langem derart betreiben, dass Arm und Reich in rasanter Geschwindigkeit immer mehr auseinanderdriften".

Demokratie ist, wenn das Volk und nicht das Geld darüber entscheidet, welche Aufgaben der Staat zu übernehmen hat und wie die Mittel dafür – nicht freiwillig, sondern verpflichtend – eingenommen werden.

Peter Vollmer hatte 2010 mit weiteren 47 Vermögenden einen "Appell für eine Vermögensabgabe" unterzeichnet. Sie schlugen die Erhebung einer zunächst einmaligen zehnprozentigen Vermögensabgabe vor, bei 500.000 Euro Freibetrag pro Person und drei Millionen bei Betriebsvermögen. Keiner der 2,2 Millionen betroffenen Reichen hätte sich dafür ernsthaft einschränken müssen, der Staat aber ungefähr 100 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Die Unterzeichner:innen stellten als Bedingung für die Abgabe ein "wahrlich stattliches Konjunkturprogramm" – so nannte es Peter Vollmer – auf: Die Vermögensabgabe sollte gezielt in den ökologischen Umbau der Wirtschaft, in Personal für Bildungs-, Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen sowie in die Erhöhung von Transfereinkommen investiert werden. Und nach zwei Jahren sollte dann wieder eine jährliche Vermögensteuer eingeführt werden.

Die Initiative fand damals keine Mehrheit. Heute, mit der Merz-Regierung, wird das schon gar nichts. Im Gegenteil: Vor allem bei den Sozialausgaben will Schwarz-Rot kürzen. Gerade für solche Zeiten ist die Stiftung MundA gemacht: Sie hilft dabei, dass Ideen und Initiativen für eine gerechtere, sozialere, solidarischere und umweltfreundlichere Arbeitswelt und Gesellschaft weiterhin Gehör finden.

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